Giovanni Pacini, Gli Arabi nelle Gallie

Concentus musicus

17: Giovanni Pacini, Gli Arabi nelle Gallie, kritische Ausgabe hg. von Giuseppina Mascari, Kassel u.a.: Bärenreiter 2021 (LVI, 532 S.), ISBN 979-0-006-56396-8.

"Der fruchtbarste und vielleicht einfallsreichste italienische Meister, der Autor von hundert Werken, der in den frühen Tagen seiner Karriere ein Konkurrent Rossinis war; der unermüdliche Emulus von Bellini und Do-nizetti, der Vorläufer von Verdi, der vielseitige Musiker, der sich die vier musikalischen Stilentwicklungen seines Jahrhunderts zu eigen machte und dennoch eine beneidenswerte Originalität bewahrte, starb am 6. diesen Monats im Alter von vierundsiebzig Jahren (sic) in Pescia."

Mit diesen Worten beginnt die kurze Biographie von Giovanni Pacini aus der Feder von Antonio Ghislanzoni, erschienen zwischen Dezember 1867 und Januar 1868 auf den Seiten der "Gazzetta musicale di Milano". Abgesehen von der zu hoch veranschlagten Anzahl von dessen Werken, diese Zeilen erfassen doch sehr zutreffend die hervorstechenden Merkmale der Karriere dieses 'fruchtbaren' Komponisten, der sich über mehr als fünf Jahrzehnte erstreckenden, an Erfolgen reichen Karriere eines Zeitgenossen von Rossini, Bellini, Donizetti und Verdi.
Pacinis erste und erfolgreichste Schaffensperiode lag in den Jahren 1823 bis 1827: zwölf Werke und fast alle im Auftrag der damals beiden wichtigsten italienischen Bühnen komponiert, der Mailänder Scala und des Teatro San Carlo in Neapel. Gli Arabi nelle Gallie, eine ernste Oper in zwei Akten auf einen Text von Luigi Romanelli, wurde am 8. März 1827 im Teatro alla Scala in Mailand uraufgeführt (vielleicht nicht überflüssig zu erwähnen, nur wenige Monate vor Bellinis Il Pirata am selben Haus). Wie sich der musikalischen Presse der Zeit entnehmen lässt, erfreute sie sich eines bemerkenswerten Publikumszuspruchs. Der Erfolg der Oper blieb freilich nicht auf deren Uraufführung beschränkt. Bald war der Titel in allen Spielplänen italienischer Opernhäuser präsent, in dem der Mailänder Scala wurde er im Jahr darauf wieder aufgenommen. Um eine Vorstellung von der Verbreitung dieses Werks zu bekommen, genügt ein Blick auf Statistiken zu Komponisten und Operntitel der Jahren 1830 bis 1839: Während dieses Jahrzehnts lassen sich bis zu 59 Inszenierungen der Araber in Gallien nachweisen, während der ernste Rossini, mit Ausnahme von Otello und Semiramide, zusehends ans Bedeutung verlor. Wichtig ist auch die Tatsache, dass Pacini fast dreißig Jahre nach der Uraufführung zu diesem Werk zurückkehrte, es grundlegend 'überarbeitete', für das Théâtre Italien in Paris neue Nummern hinzukomponierte und ihm so eine am 30. Januar 1855 aufgeführte neue Fassung verlieh.

Die Edition möchte einen bedeutenden Beitrag zur Geschichte der italienischen Oper des frühen 19. Jahrhunderts rekonstruieren, das Wissen um dessen Autor mehren, eines von seinen Zeitgenossen geschätzten Autors, der es ohne Weiteres verdiente, von der Opernforschung stärker gewürdigt zu werden, auch um in den Spielplänen unserer Tagen wieder angemessen vertreten zu sein.